1992 Bergrennen St. Ursanne – Les Rangiers, Lauf zur Schweizer Meisterschaft und Bergeuropameisterschaft. Eines der anspruchvollsten, aber auch schönsten Rennen im Schweizer Rennkalender. Ich war gerade mal knapp 22 Jahre alt und versuchte mich an den ersten Bergrennen mit meinem selbstaufgebaute Zweiliter-Achtventiler C-Kadett. Nach 3 Jahren Slalom und 2 Jahren Bergrennen wagte ich mich an diesen Klassiker im schweizerischen Jura. An jenem Ort, wo wir 2010 beim ersten Rennlauf unseren Freund Lio verloren. Für mich als junger, unerfahrener Rookie waren die Erfahrungen an diesem ersten Internationalen Bergrennen prägend und unvergesslich. Unvergesslich vor allem waren die internationalen Star wie Andres Vilarino, Herbert Stenger, Ottokar Kramsky und…… ein Bayer namens Georg Plasa. Er fuhr zwar in derselben Kategorie wie ich, aber in einer völlig anderen Welt. Ich war in den Bann gezogen. Ein makelloser BMW 2002, an dem kein Kratzer zu finden war, eine Perfektion wie man sie beim Bergrennsport normalerweise nicht antraf. Georg fuhr Zeiten, von denen wir nicht mal zu träumen wagten. Ich kann mich erinnern als wäre es gestern gewesen. Immer und immer wieder zog es mich zu ihm und ich bewunderte nicht nur das Fahrzeug, nein, auch die perfekten, strukturierten Abläufe, seine Offenheit, seine akribischen Vorbereitungen für den nächsten Lauf. Heute weiss ich, dass ich an jenem Rennen meinen Lehrmeister kennen lernte.

 

Ich lernte ihn in den darauffolgenden Jahren als Freund, Berater, Gegner und vor allem eben auch als Lehrmeister kennen. Er war immer einen Schritt voraus. Er überquerte die Ziellinie praktisch immer einen Wimpernschlag (oder wesentlich mehr) vor mir. Er war aber auch immer offen für Fragen. Rennen für Rennen, Jahr für Jahr konnte ich von seinem Know-How profitieren. Dies fing an bei den Vorbereitungen zu einem Lauf, über Analysieren der Daten und Fahreindrücke bis hin zu faszinierenden Entwicklungen am Fahrzeug.

Mehrmals besuchten wir zusammen im Januar die Motorsportmesse in Birmingham. Ich fühlte mich jedes Mal wie ein Schuljunge, wenn er mit den Ingenieuren von Hewland, Motec, u.s.w. in perfektem Englisch fachsimpelte. Für mich war Georg einer der intelligentesten Menschen der Gegenwart. Er sprach fliessend Französisch und Englisch und lernte innert wenigen Monaten Italienisch, als er begann in Italien Rennen zu fahren. Fast wöchentlich hatten wir kontakt und manchmal telefonierten wir fast stundenlang und tauschten uns aus. Normalerweise kenne ich solche Eigenschaften, stundenlang an der Strippe zu hangen, nur von Frauen. Aber mit seinem Wissen, seiner Faszination, kombiniert mit seinem bayrischen Akzent, war es für mich jedes Mal wieder ein Erlebnis und eine Freude.

 

Ich werde die vielen lehrreichen Stunden mit ihm nie vergessen. Ich werde auch nie vergessen, wieviel er mir unentgeltlich geholfen hat, meinen jetztigen 190RM1V8 aufzubauen. Jedes Mal war ich von seinem Wissen und vernetzten Denken in den Bann gezogen. Wir erlebten zudem unzählige lustige Momente an den Rennen und an den Feiern. Wir verbrachten fast 24 Stunden auf der Fähre von Sizilien nach Genua, lachten, machten Scherze, genossen die Freundschaft und teilten viele Erlebnisse. An meinem vierzigsten Geburtstag im vergangenen Jahr verzichtete ich auf eine Feier. Stattdessen fuhr ich an den Tegernsee und verbrachte den ganzen Tag in seiner Werkstatt und bewunderte sein neues Meisterwerk. Es war mir schon fast peinlich, als ich von diesem revolutionären Gerät Photos machte. Aber da hatte er überhaupt nichts einzuwenden. Das war eben Georg. Offen, kommunikativ und immer bereit für ein Gespräch rund um den Motorsport. Wer dachte, er hätte nur den Rennsport im Kopf, hat weit gefehlt. Man konnte mit ihm über alles diskutieren. Über die Börse, Weltwirtschaft, Geschichte bis hin zu unserem gemeinsamen zweiten Hobby, dem Mountainbiken. Und trotz allem, zwischen den Lichtschranken waren wir eiskalte Gegner und schenkten uns rein gar nichts. Drei Mal stand ich auf dem Podest höher wie er. Bei den restlichen Begegnungen liess er immer spüren, dass er zwar gerne hilft, aber er wusste auch, dass er immer eine Nasenlänge voraus sein wird.

Georg war ein Pioneer, ein Perfektionist, ein Profi und Sportsmann wie ich es nie mehr kennen gelernt habe. Ohne ihn wäre der Bergrennsport in Europa nie da, wo er heute ist. Ohne ihn wäre ich heute auch nicht da, wo ich bin. Strukturiertes, systematischen Entwickeln, Vorbereiten, Aufbauen und Umsetzen lernte ich von Ihm.

 

Als mich am vergangenen Sonntag kurz vor 17 Uhr Martin aus Italien anrief, brach für mich eine Welt zusammen. Georg tot ?? Nein, das kann ich nicht glauben. Das kann nicht sein. Ich fiel innert Sekunden in ein psychisches, tiefes, schwarzes Loch. Tränen, Trauer, Machtlosigkeit prägten meine letzten Tage und ich kann es immer noch nicht fassen. Kann es immer noch nicht glauben, dass mein Freund, Vorbild, Lehrmeister und Gegner aus dem Leben gerissen wurde. Ich getraue mich nicht einmal daran zu denken, wie es seinen engsten Freunden und Verwandten, Mechanikern, Begleitern und vor allem Maria zu Zeit geht.

Eines ist aber sicher! Georg, du wirst für immer und ewig in meinem Herzen und in meinen Gedanken sein.

 

Servus Georg – Dein Freund Reto