Aber natürlich ging es im schweizerischen Oberhallau nicht nur um dieses von meinen eidgenössischen Streckensprecherkollegen hochstilisierte Kadett-Länderspiel. Sondern vor allem um tollen Bergrennsport und wichtige Zähler für den KW Berg-Cup Gruppe H, der langsam aber sicher auf die Zielgerade seiner Jubiläumssaison 2012 einbiegt. Das alles fand statt vor zahlreichen begeisterten Fans auf einer Rennstrecke, deren drei Kilometer langes Asphaltband idyllisch in die umgebenden Rebberge eingebettet ist. Und mit der Wiese oberhalb der berühmt-berüchtigten Tarzankurve einen der – wenn nicht den – attraktivsten Zuschauerpunkte mit Top-Übersicht im gesamten Bergrennkalender bietet. Auch Petrus war nach einem kurzen Sturm am Donnerstagabend milde gestimmt, lediglich am frühen Samstagmorgen war die Piste noch feucht, aber in den restlichen Trainingssitzungen und in den Rennläufen bei freundlichen Temperaturen komplett trocken. Der jeweils pünktliche Beginn und der Ablauf gemäß Zeitplan trotz hoher Starterzahl ließen keine organisatorischen Wünsche offen. „Die besten zwei aus insgesamt drei“, das war das Motto der Rennläufe. Mit dem niemand ein Problem hatte – im Gegenteil, einige Teilnehmer konnten von dieser Regelung profitieren, retteten Punkte trotz eines Ausfalles in einem der Bestzeit-Heats.

Als einziger 1150er Pilot fand Jürgen Schneider mit dem in letzter Zeit etwas Mucken machenden Polo 16V den Weg nach Oberhallau. Reglementgemäß wurde er mit der nächsthöheren 1300er Klasse zusammengelegt, die von den Schweizern allerdings als Gruppe H bis 1,4 Liter Hubraum bezeichnet wurde. Und in der gab Altmeister Franz Weißdorn (Polo 16V) im Training die Schlagzahl vor, setzte sich vor Manfred Konrad im VW Corrado und Suzuki Swift Pilot Markus Spöri an die Spitze. Der erste Run am Sonntagmorgen bietet dasselbe Bild. Diesem können aber Manfred Konrad und Wolfi Glas (Minichberger Polo 16V) nur wenig Gefallen abgewinnen. Sie geben beherzt Gas und arbeiten erfolgreich an einer Umgestaltung desselben. Ab Lauf zwei heißt der Leader Manfred Konrad, seine nächsten Verfolger Franz Weißdorn und Wolfgang Glas. Im letzten Heat kommt Franz noch bis auf 9 Hundertstelsekunden an Manfred heran, aber die Reihenfolge kann er nicht mehr drehen. Der Zieleinlauf sieht Manfred Konrad, Franz Weißdorn und Wolfgang Glas auf den Podiumsplätzen. 27 Hundertstelsekunden dahinter wird Markus Spöri Vierter. Vor Jürgen Schneider, dem neben Rang fünf die positive Erkenntnis bleibt, dass das Polo Coupé nach intensiver Prüfstandsarbeit nun wieder picobello funktioniert.

Der Vorarlberger Hans Paulitsch fliegt im gelben Minichberger Scirocco 16V der Konkurrenz bereits im Training auf und davon. Er bleibt auch im Rennen unantastbar, drückt der 1600er Klasse seinen Stempel auf und gewinnt diese deutlich. Die Positionskämpfe finden dahinter statt. Im ersten Durchgang übernimmt Tobias Auchter im Zöllner Corsa 16V die Rolle des ersten Paulitsch Verfolgers, steht dabei aber seinerseits unter Druck von Helmut Maier (Spiess Golf 16V) und Werner Heindrichs im Veytal Corsa. Bereits in der zweiten Auffahrt wird der Endstand hergestellt. Helmut Maier dreht gewaltig auf und schiebt sich an Tobias Auchter vorbei auf Platz zwei. Tobias beendet das Rennen als Dritter. Vor Werner Heindrichs und Jürgen Seitz im 8-Ventiler Ford Escort, der einen weiteren 1,6 Liter KW 8V-Trophy Erfolg einfährt. Zwar legt er sich im letzten Sturmlauf mit einem Strohballen an und (ver-) bremst sich kurz vor dem Ziel in einen Notausgang, aber „zwei aus drei“ bewahrt ihn vor dem Wertungsverlust.

Genauso wie Bernhard Lang eine Klasse höher, bei den 2-Litern. Aber der Reihe nach: Sebastian Schmitt, Hansi Eller, Ralf Kroll, Peter Naumann und Markus Reich bilden in dieser Reihenfolge die Top-Five des Trainingstages, Michael Rauch ist im Briegel Kadett schnellster 8-Ventil Pilot. Fast genau so beginnt auch das Rennen. Nur Ralf Kroll presst sich im Lehmann Golf 16V am Minichberger Scirocco von Hansi Eller vorbei, setzt sich auf Rang zwei. Die Verfolgergruppe von Platz zwei bis vier düst im „Formationsflug“ den Oberhallauer Berg hinauf, liegt innerhalb der Winzigkeit von 4 Hundertstelsekunden zusammen. Der zweite Run bringt keine Veränderungen in der Spitzengruppe, lediglich der Abstand unter den Verfolgern wächst auf 2 Zehntelsekunden an. Im Finale zieht Hansi Eller nochmals alle Register, findet weitere 56 Hundertstel, sprintet zu 1:24,81. Und sichert sich so Platz zwei hinter Basti Schmitt im Gerent Kadett 16V. Dritter wird Ralf Kroll, knapp vor Polo Super Charger Treter Peter Naumann (P4) und Markus Reich (P5/VW Golf 16V). Einmal mehr ist Patrick Orth auf Klassenplatz sechs im BMW 320 iS der erfolgreichste KW Berg-Cup Youngster und somit „Sofort-Hunderter“ Empfänger. Günter Göser fährt seinen Kadett 16V auf Position sieben, Michael Rauch (P8), Thomas Flik (Renault Clio/P9) und Roland Christall (P10) im Opel Ascona B komplettieren die Top-Ten. Auf dem 2-Liter KW 8V-Trophy Siegerpodest steht Michael Rauch ganz oben, flankiert von Roland Christall als Zweitem und Bernhard Lang als Drittem, der im Finale in der Tarzankurve ausrollt. Aber da hat er bereits zwei Läufe im Trockenen. Christian Ehret (Opel Ascona B/P4) und Hans-Dieter Seitz (P5) im Ford Escort RS 2000 sichern sich die noch freien 8-Ventiler Pokale.

Die Geschichte der Gruppe H über 2 Liter Hubraum ist schnell erzählt. Die beiden Berg-Cup Neueinsteiger Norman Struckmann und Harald Ludwig (BMW M3 E36) sind hier unter sich, nachdem die Premiere des Toyota MR 2 von Manfred Kronlachner noch einmal verschoben werden musste. Der Struckmann Escort Cosworth funktioniert diesmal bestens und Norman treibt ihn fehlerfrei und schnell zu seinem ersten Berg-Cup Klassensieg.

In der E1 bis 1400 Kubikzentimeter hat der Schweizer Martin Bächler seinen zweiten starken KW Berg-Cup Auftritt in dieser Saison, gewinnt im ex-Cup VW Lupo wie in Wolsfeld seine Klasse. Diesmal, beim „Heim Grand-Prix“, vor André Dürig (Fiat Uno) und Jürgen Baumgartner im Mazda 323.Die Schweizer und damit auch die Oberhallauer Organisatoren pflegen Traditionen. Dazu gehört die akribische Archivierung nicht nur von absoluten Streckenrekorden, sondern auch von Klassenbestzeiten. Im Bereich des KW Berg-Cups wurden gleich drei davon verbessert. Manfred Konrad legt die 1300er Messlatte auf 1:30,10; Hans Paulitsch sorgt in 1:27,84 für den neuen 1,6 Liter Maßstab. Bei den 2-Litern brennt Basti Schmitt im zweiten Heat mit 1:23,70 den neuen Bestwert in den Asphalt.

Und damit sind wir wieder beim Eingangsthema, beim Kadett-Ländervergleich. War die Kadett-Bestzeit früher eine rein Schweizer Angelegenheit, so änderte sich dies spätestens mit dem Auftauchen von Holger Hovemann und des KW Berg-Cups schlagartig. Fritz Erb, Seppi Koch und Co erhielten neue, starke Konkurrenz. 2012 war Basti Schmitt mit 1:23,70 der Match-Winner für Deutschland und den KW Berg-Cup. Vor Christoph Zwahlen, Fritz Erb und Josef Koch, der im 2,5-Liter C-Coupé 16V allerdings mit 1:23,55 – erzielt 2011 – immer noch die absolut schnellste Oberhallauer Kadett-Zeit sein Eigen nennt. Das „Revanchespiel“ findet nun am 07. Oktober in Mickhausen statt, die Fans beider Lager freuen sich darauf.

Sebastian Schmitt seinerseits musste übrigens zu einem „vierten Wertungslauf“ antreten. In Form einer Doping-Kontrolle, im Leistungssport ja nichts Ungewöhnliches. Allerdings nicht bei sich selbst, sondern an seinem Arbeitsgerät, dem ultrabreiten Gerent Kadett 16V. Dieser wurde im Rahmen einer technischen Schlussüberprüfung auf die Waage gestellt, auch sein Motor-Hubraum wurde ausgemessen. Das Ergebnis: Negativ, bei beiden Proben. Damit hält der Oberhallau-Doppelerfolg in Rennen und Länderspiel amtlich beglaubigt und besiegelt Einzug in die Bergrenn-Geschichtsbücher. Aufgewertet wird er noch durch den megastarken Rang zwei in der Tourenwagengesamtwertung, hinter dem 650 PS Allrad-Mitsubishi-Bergmonster von Toni Bühler und vor Christoph Zwahlen im 2,5-Liter Kadett 16V.  

„Der KW Berg-Cup biegt in seine 2012er Zielgerade ein.“ Auch davon war eingangs die Rede. Und in die Zielgerade einbiegen heißt zum Schlussspurt ansetzen. Denn die acht besten Resultate aus elf Veranstaltungen werden gewertet. Gerannt wird noch genau dreimal, in Unterfranken, in St. Agatha (A) und in Mickhausen. Und da noch niemand acht absolute Top-Ergebnisse auf seinem persönlichen Punktekonto hat – weder im Gesamt-Ranking noch in den Divisions- und Sonderwertungen – gilt es alle Kräfte zu mobilisieren und bei allen restlichen Veranstaltungen dabei zu sein, um maximale Zähler einzufahren. Und es scheint alles darauf hinaus zu laufen, dass Mickhausen einmal mehr zum „Finale Furioso“ wird, dass erst im bayerischen Schwabenland am 06. und 07. Oktober die endgültigen Entscheidungen vor großer Kulisse fallen. KW Berg-Cup Herz, was willst du mehr?

Zuvor aber hören und sehen wir uns am 08. und 09. September in Eichenbühl beim 45. AvD/GAMSC Bergrennen Unterfranken. Top – die Verabredung gilt!