Andrea Schönborn gewinnt im VW Golf ihre Klasse und hält mit Minimalrückstand Kontakt zum neuen KW Berg-Cup Leader Roman Sonderbauer (Risse Kadett 16V). Die uralte Rennsportweisheit „zusammengezählt wird ganz zum Schluss“ bewahrheitete sich am Pfingstwochenende einmal mehr. Denn die 50. Jubiläumsausgabe des Wolsfelder AvD/EMSC Bergrennens hielt für die Teilnehmer und Fans von knappsten Entscheidungen nach mehreren Positionswechseln über Favoritenstürze bis hin zu Überraschungssiegen alles bereit, was Bergrennsport so prickelnd und faszinierend macht. 

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Die äußeren Bedingungen griffen beim zweiten Wertungslauf zum KW Berg-Cup der Gruppe H 2012 nicht in das Renngeschehen ein. Denn die 1,64 Kilometer kurze, enge und selektive Sprintstrecke in der Eifel nahe der Bierstadt Bitburg bot bei überwiegend sonnigem Wetter an beiden Tagen gleichmäßig gute Konditionen für alle Teilnehmer. Und so war es schon eher die Technik – vor allem im Bereich Antrieb und Kraftübertragung – die so manchem Starter einen dicken Strich durch die Rechnung machte. Einige Ausrutscher trugen ebenfalls dazu bei, das Klassement durcheinander zu wirbeln.

Das zeichnete sich bereits in den drei Trainingssitzungen ab. Bei den 1150ern setzte der 5-fache Wolsfeld Klassensieger Tobias Klimsa im Schneider Polo 8V zwar die zweitschnellste Zeit hinter Jürgen Schneider und vor Bernd Deutsch, musste sich dann aber mit Getriebeproblemen zurück ziehen. Furios der Rennauftakt am Montagmorgen: Bernd Deutsch erobert bestens aufgelegt im Schneider Audi 50 8V die Führung, verweist Jürgen Schneider im hochdrehenden 16-Ventiler Polo und Tobias Stegmann (Schneider Audi 50 8V) auf die Ränge zwei und drei. Im zweiten Heat kontert Motorenspezialist Jürgen Schneider, fährt in diesem und in den folgenden Durchgängen eine lupenreine Serie von 1:12er Zeiten und gewinnt damit ungefährdet seine Klasse. Intern steht es 2012 nach Siegen nun 1:1 zwischen ihm und seinem Teampartner, dem Eschdorf-Gewinner Thomas Stelberg. Bernd Deutsch holt sich neben Klassenplatz 2 auch den Titel des besten 1150er 8-Ventiler Piloten. Das Duell um den 3. Podestplatz gewinnt Walter-Röhrl-Fan Peter Richter im VW Capricorn Polo, der Tobias Stegmann noch abfängt und auf Position 4 verdrängt. Erst im vierten und letzten Lauf entscheidet sich dahinter das Rennen der beiden Fiat Fahrer Rolf Rauch und Oskar Eberle zugunsten des 128 Coupé Piloten Rolf Rauch, nachdem Eberle Senior im 127 Sturm Keepsake von 1:20er Zeiten auf eine 1:23,32 abrutscht. Da in dieser Klasse alle außer Jürgen Schneider mit roten Startnummern – also mit 8-Ventil Technik – unterwegs sind, ergibt sich die 1150er KW 8V-Trophy Wertung praktisch von selbst, mit Bernd Deutsch an der Spitze.

Ein kräftiges „Bäumchen-wechsele-dich“ gab es unter den fünfzehn 1,3-Liter Startern. Das Training zeigte die Reihenfolge André Stelberg, Klaus Bernert, Franz Weißdorn, Markus Spöri und Wolfi Glas. Am Renntag präsentiert sich „Mister Berg-Cup“ Franz Weißdorn bestens ausgeschlafen und „vernascht“ zum Auftakt im beflügelten VW Polo-Honda 16V seine Klassenkollegen, die in der Reihenfolge André Stelberg, Klaus Bernert, Markus Spöri und Wolfi Glas hinter ihm über den Zielstrich sprinten. Dem Getriebe im Suzuki Swift Gti von Markus Spöri ist das zu viel, es spielt nicht mehr mit, quittiert den Dienst. Out für den schwarzen Renner, Talfahrt auf dem Abschleppauto. Spätestens jetzt sind alle 1300er Piloten hellwach, in der zweiten Auffahrt wird der Endstand hergestellt. André Stelberg – der im Schneider Polo 16V nun auch über Motorrad-Zylinderkopftechnik verfügt – gewinnt 1,13 Sekunden vor Routinier Klaus Bernert und Franz Weißdorn (beide Polo 16V). Die Ehrenplätze 4 und 5 gehen in dieser Reihenfolge an Wolfgang Glas im Minichberger Polo 16V und Manfred Konrad im VW Corrado 16V, der sich das ganze Wochenende über nicht wie gewohnt in Szene setzen kann. Gleich dahinter brennt Allround-Motorsport-Fan und Slalomspezi Christoph Bauer im Greineder Polo 8-Ventiler gleich bei seiner ersten Wolsfeld Teilnahme ein Feuerwerk ab. Der Automobilkaufmann aus dem Bayerischen Wald verbessert seine Zeiten von Lauf zu Lauf, kommt von Position 10 bis auf Platz 6 nach vorne, gewinnt die 1300er KW 8V-Trophy Wertung souverän vor Nils Abb (Schneider Polo), Rupert Rumpel im Simca Rallye und Berg-Cup Rookie Markus Hülsmann im 1er VW Golf. 

Tobias Auchter heißt der Favorit der 1600er Klasse. Der Corsa Pilot von der Schwäbischen Alb setzt in Abwesenheit von Dauerrivale Hans Paulitsch und dessen Minichberger Scirocco in den Probedurchgängen klare Bestwerte. Thorsten Brunner im Nemeth Golf 16V, der junge Sven Koob (Citroen Saxo) und Franz Koob mit auf 1,6 Liter Hubraum vergrößertem Motor im Fiat X 1/9 müssen sich dahinter anstellen. Paukenschlag dann im ersten Run: Tobias Auchter rutscht von der Strecke, beschädigt den Zöllner Corsa auf der linken Seite nachhaltig. Der Heidelberger Kfz-Mechaniker Thorsten Brunner geht an die Spitze, gibt diese nicht mehr ab und holt sich verdient seinen ersten Berg-Cup Klassensieg. Dahinter ist das Koob-Familienduell nach dem Motto „Jugend forsch gegen Routine“ in vollem Gange. Junior Sven setzt sich im sequentiell geschalteten Rallye-Saxo durch, erwägt zwischenzeitlich sogar aus Gewichtsgründen den Beifahrersitz auszubauen, nimmt dann aber davon Abstand, fährt auch so auf Platz zwei. Als Mama Gerrit die Bemerkung fallen lässt „Franz, hol dir doch auch einen Saxo, die gehen ja richtig gut“, gerät für einen kurzen Moment der Koob-Haussegen in Gefahr. Obendrein macht auch noch Berg-Cup Neueinsteiger Ralf Gazelkowski mit seinem Ford Puma erhöhten Druck auf Franz, zieht im 2. Lauf am Mittelmotor X 1/9 vorbei und behauptet Position drei bis zum Schluss. Franz Koob beendet das Rennen als 4. vor dem Belgier Werner Heindrichs (Veytal Corsa), ist aber mit den neuesten Modifikationen am italienischen Renner im Bereich Fahrwerk und Motor dennoch happy.  

Wie üblich entwickelt sich die 2-Liter Vorstellung zum Krimi mit Minimalabstand. Die 6 Trainings-Hauptdarsteller heißen Sebastian Schmitt, Björn Wiebe, Roman Sonderbauer, Peter Naumann, Patrick Orth und Holger Hovemann, die sich in dieser Reihenfolge auf den Plätzen 1 bis 6 einnisten. Dahinter der schnellste 8-Ventiler in Form von Walter Terler im Krause-Kadett. Die Top-Ten komplettieren Norbert Wimmer, Werner Weiß (Zakspeed Escort BDA) und Andrä Schrörs im Talbot Lotus Sunbeam. Den Minichberger Scirocco mit Hansi Eller am Steuer binden Probleme mit der Schalt-Zündunterbrechung auf Rang 12 zurück. Im Rennen zieht Sebastian Schmitt im nochmals verbreiterten Gerent-Kadett das Tempo deutlich an. Doch Peter Naumann hält mit dem aufgeladenen Polo Kontakt zum Leader, dahinter liegen Björn Wiebe (Renault Clio Williams), Roman Sonderbauer und Patrick Orth. Als 6. stellt Norbert Wimmer die 2-Liter 8-Ventiler Hackordnung wieder her, Holger Hovemann ist im roten Risse-Kadett Achter. Hansi Eller ist an diesem Wochenende nicht vom Glück begünstigt, ein Leitplankenkontakt beendet den Auftritt des Berg-Cup Titelverteidigers früh. Im zweiten Heat schiebt sich Roman Sonderbauer (Risse-Kadett 16V) an Björn Wiebe vorbei und ist Dritter, Holger Hovemann findet langsam immer mehr Vertrauen in das Auto seines Team-Partners Henning Göbel und verbessert sich auf Platz fünf. In der 3. Auffahrt springt an Peter Naumanns Polo die Sicherung der Benzinpumpe heraus, der Motor stirbt ab. Peter reagiert blitzschnell, aber bis das Triebwerk wieder läuft gehen rund 6 Sekunden verloren. Der Endstand sieht Sebastian Schmitt, Roman Sonderbauer und Björn Wiebe auf den Stufen 1 bis 3 des Siegerpodestes. Holger Hovemann verlässt Wolsfeld als Vierter, Patrick Orth (BMW 320 iS) als Fünfter, darf sich zudem über einen weiteren „Sofort-Hunderter“ als punktbester Berg-Cup Youngster des Wochenendes freuen. Die weitere Reihung lautet: Norbert Wimmer (BMW 2002), Peter Naumann, Thomas Flik (Renault Clio), Walter Terler und Ralph Paulick im VW Golf 1. Die 8-Ventiler Krone geht an Norbert Wimmer. Walter Terler und Roland Christall (Opel Ascona B) steigen mit ihm auf das KW 8V-Trophy Podium, die Plätze 4 und 5 gehen an Rookie Christian Dümler im VW Golf 2 und Alex Konstanzer im Opel Kadett C-Coupé. 

Die H über 2-Liter wird zur sicheren Beute des Österreichers Bernhard Permetinger im BMW M3 E30 bei dessen erstem Berg-Cup Auftritt 2012. Um die Ehrenplätze kämpfen Harald Ludwig (BMW M3 E36) und Thomas Ostermann im BMW E30 Hartge verbissen und fehlerfrei. Am Ende hat Rookie Harald Ludwig das bessere Ende für sich.

In der 1300er Klasse der Gruppen FS/E1-Bergrennen und E2-SH führt der Luxemburger Canio Marchione im Fiat 127 bis zu einer Schwäche im dritten Lauf. Diese nutzt der Franzose Sylvain Labat (Simca 1000 Rallye) und fährt zum Klassensieg. Canio Marchione rettet Platz zwei, Dritter wird der Namborner Schlossermeister Thomas Bodtländer im Peugeot 205 Rallye.

Zu einer ganz heißen Kiste entwickelt sich das Spitzenduell der 1600er. Gelegenheits-Bergfahrer Fabian Schmitz ist Trainingsbester. Im Rennen gelingt zum Auftakt Martin Bächler aus der Schweiz im ex-Cup Lupo der bessere Lauf. Im zweiten Durchgang dreht Fabian Schmitz den Spieß um und reißt die Führung an sich, die er im 3. Run auf 0,58 Sekunden ausbauen kann. Die Entscheidung? Nein, denn in der vierten und letzten Auffahrt gelingt Martin Bächler seine beste Zeit des Wochenendes, Fabian Schmitz lässt etwas nach. Und schon heißt der „Last Minute“ Sieger Martin Bächler. Fabian Schmitz bleibt Rang zwei, Dritter wird Franz Hasenstab im Peugeot 206.

In der 2-Liter Klasse nehmen 14 Fahrzeuge das Training auf, darunter Andrea Schönborn, Ehe- und Teampartnerin von Rainer Schönborn, der in Eschdorf als Klassenbester im VW Golf 16V die Führung in der KW Berg-Cup Gesamtwertung eroberte. „Ist das taktisch klug?“ fragte sich nicht nur der Schreiber dieser Zeilen, „warum fährt Rainer nicht selbst?“ Andrea Schönborn, in Sachen Berg-Cup Rennen eine völlig unbekannte Größe, startet zügig zum 1. Trainingslauf, den sie mit einem Antriebswellenschaden nicht beenden kann. Eine Notwelle, gemixt aus VW und Renault Teilen, schafft Abhilfe. 1:12,64 im zweiten Probedurchgang lassen aufhorchen. Was kommt noch? Aufklärung bleibt aus, im nächsten Heat knackst die andere Antriebswelle, wieder gibt es keine Zeit. Als Schnellster entpuppt sich derweil Michael Dandl (BMW 320 iS), der mit 1:10,81 die imaginäre Pole-Position inne hat. Gino Kruhs (Renault Megane Maxi) kommt ihm am nächsten, muss sich aber mit Kupplungsdefekt noch während des Trainings abmelden. Die weitere Reihung lautet Bob Kellen, Andrea Schönborn und Mike Souvigne im Renault Megane Coupé. Über Nacht wird der Schönborn-Golf gründlich fit gemacht, nach Lauf 1 reiben sich die Herren der Schöpfung verdutzt die Augen. Denn Andrea Schönborn geht mit 1:10,27 an die Spitze, die sie bis zum Schluss nicht mehr abgibt. Michi Dandl bricht erst eine Schraube am hinteren Querlenker, dann das Schaltgestänge. Nach Lauf 2 ist für ihn Feierabend. Rallye Spezialist Bob Kellen fährt sich zum Entzücken der Zuschauer im Ford Escort RS 2000 die Seele aus dem Leib, muss sich aber mit 6,10 Sekunden Rückstand auf Platz 2 einreihen. Dritter wird Ralf Kleinsorg (BMW 316i), es folgen Georges Goedert (Renault Clio Cup) und Günter Miethke im spektakulären VW Käfer 1302 RS. Mit diesem Erfolg hält das Team Schönborn engen Kontakt zum neuen KW Berg-Cup Gesamtführenden 2012, Roman Sonderbauer. Der Abstand zwischen Platz 1 und 2 beträgt lediglich 0,89 Punkte. Dritte Over-All sind Thomas Stelberg/Jürgen Schneider. Und Andrea Schönborn ist damit ab sofort in Sachen Berg-Cup Rennen eine bekannte Größe, mit der absolut zu rechnen ist. Respekt, Hut ab und eine tiefe Verneigung vor der schnellen Dame.

Die „große Klasse“ der „Positiv-Verrückten“ hatte im Schweizer Bruno Ianniello im Lancia Delta S4 16V einen klaren Favoriten, der dieser Rolle absolut gerecht wurde. In der Gesamtwertung musste er sich nur dem Luxemburger EBM-Teilnehmer Guy Demuth im Osella FA 30 knapp geschlagen geben, holte sich den Klassen- und Tourenwagensieg souverän. Der Innsbrucker Kaufmann Herbert Stolz wuchtete den Porsche 935 DP II auf Tourenwagen-Platz zwei, der Kitzinger Klaus Hoffmann brachte seinen Opel Astra V8 DTM im Schluss-Sprint auf Klassen-Rang drei, noch vor Norbert Handa (Lancia Delta Integrale) und Jürgen Gerspacher im zweiten Lancia Delta S4, der eine mögliche bessere Platzierung im ersten Lauf verspielte.

Apropos Gesamtwertung: Wie üblich mischten die Tourenwagen in dieser kräftigst mit, unter den Top-Ten befanden sich 6 Fahrzeuge „mit Dach“, darunter sensationell auch drei 2-Liter Autos der Gruppe H: Die Kadett-Treiber Sebastian Schmitt als Sechster und Roman Sonderbauer als Siebter sowie Renault Clio Pilot Björn Wiebe auf Rang 9 Over-All.

Fünf lange Wochen ist nun KW Berg-Cup Pause, bevor mit dem 17. ADAC Ibergrennen im Eichsfeld am 30. Juni und 01. Juli die „heiße Phase“ der 25. KW Berg-Cup Saison eingeläutet wird. Also, die Zeit zum Durchatmen nutzen, bevor uns die Entscheidungen um die Siege und Platzierungen 2012 endgültig und unwiderruflich in ihren Bann schlagen. Aber genau so wollen wir es doch, oder?





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