Oschersleben Uwe grossDer Trend in Richtung erhöhter Akzeptanz des aus der Not fehlender Bergrennen heraus geborenen KW Berg-Cup Projekts „Fastest Lap“ auf Rundstrecken zeichnete sich gleich nach der gelungenen Auftaktveranstaltung in Hockenheim (26./27.03.) deutlich ab. Das Eis zwischen den Aktiven und dem für viele Berg-Cup’ler neuen Umfeld war gebrochen, Scheu, Berührungsängste und Bedenken ausgeräumt. Weitere Pilotinnen und Piloten wollten den neuen Veranstaltungstyp ausprobieren, unser Nennbüro brauchte über mangelnde Arbeit im Vorfeld nicht zu klagen. Rund 60 Teilnehmer standen in der vorläufigen Liste, die sich durch das leider nicht zu kippende Übernachtungsverbot im Fahrerlager auf 50 Angereiste minimierte. Diese durften sich über fünf vom Veranstalter MCS-Stuttgart spendierte Extra-Minuten Trainingszeit freuen. Hatten sie dadurch doch noch mehr Gelegenheit, sich mit der 3,667 Kilometer langen Piste in der Magdeburger Börde anzufreunden. Ab 12:15 starteten am Freitag (07.05.) die Probe-Galopps, Wertungslauf Nummer eins stand ab 16:10 auf dem Programm. Am Samstag ging der finale zweite Run ab 9:00 Uhr in Szene, um die Mittagszeit befand sich die KW Berg-Cup und NSU-Bergpokal Truppe bereits auf der Heimfahrt. Hinter ihnen allen lag ein tolles Rennen, das erneut Lust auf mehr gemacht hat. Dinge wie der kalte Wind oder die Schneeflocken, die sich am frühen Freitagmorgen in den Regen mischten, waren da schon sekundär. Der Sport fand ohnehin unter guten äußeren Bedingungen statt. Nur die zweite Startgruppe wurde im ersten Wertungslauf von einsetzenden Niederschlägen etwas eingebremst.

 

Und damit Vorhang auf für die Racing-Bühne zum detaillierten Blick in die einzelnen Klassen. In der Gruppe F bis 1600 Kubikzentimeter ist nun auch Robert Maslonka dabei. Allerdings bereitet sein VW Polo G60 gleich zum Trainingsbeginn Probleme. Der Sprit will nicht so wie benötigt vom Tank zum Motor strömen. Trotz eifriger Suche und großer Hilfsbereitschaft im Fahrerlager kann keine Abhilfe geschaffen werden, die Wertungsläufe finden ohne Robert statt. Ebenfalls erstmals startet Markus Fink  bei einem „Fastest Lap“ Wettbewerb. In seinem Citroen C2 VTS setzt er seine Berg-Siegesserie fort, ist in der Addition seiner beiden schnellsten Runden aus Heat eins und zwei 1,98 Sekunden flotter unterwegs als Honda-Civic-Pilot Lukas Friedrich (P2). Rang drei geht an Ralf Fladung (Peugeot 207 Sport), der im ersten Run die Piste sechs Tausendstel schneller umrundete als Lukas Friedrich. Die Entscheidung zwischen den beiden fällt im zweiten Lauf, in dem Ralf und den anderen Teilnehmern der Startgruppe 1 am Ende des Slots gut fünf Minuten Fahrzeit fehlen, weil nach einem Motorschaden an Achim Kreims Mitsubishi die Piste von ausgetretenem Öl gereinigt werden muss.

Die F 2-Liter hat sich in Oschersleben auf das Renault Wiebe Mégane Coupé von Markus Goldbach reduziert. Also erfolgt die Zusammenlegung mit der Hubraum-Abteilung über 2000 Kubik. „Da drin habe ich ja gar keine Chance!“ äußert der Berg-Cup Vize-Präsident leicht frustriert. Dennoch geht er  motiviert ans Werk, kann sich, diesmal im grünen Berg-Renner unterwegs, sogar den zweiten Klassenplatz holen. Unangefochtener Sieger ist mit deutlichem Vorsprung Jürgen Plumm, der besonders im ersten Lauf mit einer recht zickigen Hinterachse seines Mitsubishi Lancer Evo 9 zu kämpfen hat, die das Auto immer wieder mit dem Heck ausschwenken lässt. Achim Kreim beendet sein Wochenende in der Börde als Dritter. Möglicherweise verweigerte der Treibsatz seines Lancer Evo 8 schon vor dem endgültigen Exitus die volle Leistungsentfaltung.

Absolut sensationell verläuft der Wettbewerb des NSU-Bergpokals, in dem Christian Hindmarsh, der Teamkollege von Thomas Krystofiak, im 1200C sein Renndebüt gibt. Der 27-Jährige gestaltet es zu einem von der Sorte: er kam, fuhr und siegte! Dies vor Uwe Schindler (P2) und Thomas Krystofiak himself als Drittplatziertem. Damit ist aber nur die Hälfte der Story erzählt. Die damit beginnt, dass Christian Hindmarsh lediglich Erfahrungen von Trackdays und virtuellem Racing mit nach Oschersleben brachte. Auf die Möglichkeit, an den vom Veranstalter am Freitagfrüh angebotenen Test- und Einstellfahrten teilzunehmen, verzichtet er. „Ich kenne die Strecke vom Simulator her sehr gut, das reicht mir.“ Spricht das gelassen aus, setzt sich in die NSU-Langversion und schnappt sich die Bestmarke in beeindruckender Manier, legt 5,493 Sekunden zwischen sich und Uwe Schindler (TP2), drittschnellster ist, 3,656 Sekunden hinter Uwe, Thomas Krystofiak. Das Rennresultat entspricht der Reihung des Probeheats. Zwar kann Uwe die zeitliche Lücke zu Christian verkleinern, aber dennoch weist die Ergebnisliste in der Laufaddition 6,621 Sekunden Abstand aus. Zu diesem furiosen Einstand kann man nur neidlos gratulieren. Das tun sofort sportlich fair auch Uwe Schindler und Thomas Krystofiak, der sagt: „Ich wusste immer schon, das in meinem Auto mehr steckt, als ich bisher herausholen konnte. Aber das, was der Christian hier gezeigt hat, das nötigt mir schon größten Respekt ab!“ Wir sind schon jetzt gespannt auf die Fortsetzung, sprich auf die nächsten Rennen.

Damit Umblende zu den fünf Hubraum-Abteilungen der Gruppen H/FS/E1. Genau genommen sind es sogar deren sechs. Aber Tobi Stegmann – einziger Vertreter der 1150er-Klasse – teilt das Goldbach-Zusammenlegungs-Schicksal, muss mit seinem Schneider Audi 50 direkt gegen die 1,4-Liter-Konkurrenten antreten. Das stört ihn nur unwesentlich, denn mittlerweile sind die Entzugserscheinungen nach der gefühlt ewig langen Rennpause einfach viel zu groß geworden. Dazu gesellt sich das Vermissen der Kollegen und Freunde. Also Audi eingepackt und auf in die Börde! Für seinen Mut belohnt sich Tobi selbst. Mit Endposition drei in der 1400er-Meute, in der er zugleich schnellster 8v’ler ist. Vor ihm, auf der Zwei, platziert sich im VW Golf 16V Markus Hülsmann. Auch für ihn ist es das erste KW Berg-Cup Rennen in diesem Jahr. Armin Ebenhöh fährt seinen VW Minichberger Scirocco 16V zum souveränen Sieg. Die Strecke hat den Deutschen Tourenwagen-Bergmeister von 2015 restlos begeistert. „Hier wäre ich – wenn die Möglichkeit dazu bestehen würde – sofort wieder dabei. Selbst wenn es viele An- und Heimreisekilometer sind, die würde ich ohne mit der Wimper zu zucken liebend gerne in Kauf nehmen. Auch Hockenheim, wo ja mein Teamkollege Tobi Mayer im Einsatz war, reizt mich total.“ Die Ablehnung mancher Kollegen dem Projekt „Fastest Lap“ gegenüber versteht er nicht wirklich. „Wir haben am Scirocco im Vorfeld lediglich einen Ölkühler installiert und den sechsten Gang etwas länger übersetzt, außerdem haben wir die Höchstdrehzahl des Motors von 10.700 auf 10.000 Touren herabgesetzt. Das funktioniert prima und beweist, dass es mit minimalen Modifikationen – oder auch vielleicht sogar ganz ohne – möglich ist, beim genialen Sprint-Konzept mitzumachen. Ich finde es auf jeden Fall richtig super und freue mich über die so geschaffene Chance, überhaupt Rennsport betreiben zu können.“ Bleibt im Rückblick noch festzuhalten, dass sich Christoph Kaiser im Suzuki Swift den vierten und Eckard Nienhold (Lada 2105) den fünften Platz holen konnten. Gleich dahinter, auf Klassenrang sechs und KW 8V-Trophy-Position zwei, läuft Sophia Faulhaber ein, die sich darüber freut, dass sie mit ihrem VW Minichberger Polo jede Menge problemfreie Kilometer abspulen konnte. „Das Pensum hier entspricht von Fahrzeit und Distanz her einer kompletten Berg-Saison! Ich konnte unglaublich viel über mein mir noch immer neues Auto lernen.“

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Klein, aber fein präsentiert sich die 1600er-Klasse. Andy Heindrichs mit seinem Opel Wiebe Corsa 16V RR, Mikko Kataja (Toyota Starlet VHT Racing) und Sarp Bilen im VW Golf 2 16V gelingt das Kunststück, im ersten Heat in der genannten Reihenfolge in einem Zeitfenster von nur 0,617 Sekunden die Positionen eins bis drei zu belegen. Leider zwingt anschließend ein mechanisches Problem den fliegenden Finnen Mikko Kataja zum Rückzug. Wertungsdurchgang zwei weist Sarp Bilen auf Platz eins aus, er ist 58 Hundertstel schneller als Andy. Flinke Rechner wissen es nun schon: Andy Heindrichs liegt in der Lauf-Addition 0,559 Sekunden vorne, Sarp Bilen wird Zweiter. Wenn das nicht Spannung pur war! Eine bessere Werbung für Motorsport als solch knappe Entscheidungen gibt es wohl kaum. Im Gespräch zeigen sich die Heindrichs als echte Racer: „Als wir hörten, dass der Berg-Cup in Oschersleben fahren kann, haben wir sofort beschlossen da dabei zu sein. Wir haben nicht geschaut, wie weit wir von Belgien aus fahren müssen. Das war uns total egal. Hauptsache es gibt ein Rennen! Wir würden für solch tolle Veranstaltungen jederzeit auch noch längere Anfahrten in Kauf nehmen“ erzählt Werner Heindrichs, noch während sich Junior Andy riesig über seinen Sieg freut.

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Auch in der 2-Liter-Klasse hat es Zuwachs gegeben, zehn Autos stehen diesmal am Start. Erwin Buck im VW Spiess Scirocco 16V, Norbert Wimmer (BMW 2002 8V) und Hansi Eller, der in Oschersleben als Team-Scirocco-Ersatz den ex-Engstler BMW 320 WTCC seines Schwiegerpapas Reinhard Nuber einsetzt, fühlen sich im Training für die Pace zuständig. Die Rennläufe verändern das Bild nur geringfügig. Erwin Buck stürmt vor Norbert Wimmer (P2) zum Sieg. Hansi Eller, der besonders in Heat eins immer noch mit Bremsproblemen und einem dadurch nervösen Heck hadert, rutscht auf Rang fünf zurück. Vor ihm platzieren sich Rainer Schönborn im VW Golf Minichberger STW als Dritter und Lars Heisel (Opel Kadett C) als Vierter. Die KW 8V-Trophy darf sich über ein volles Podest freuen. Auf diesem steht Norbert Wimmer ganz oben, flankiert von den Opel-C-Kadett-Piloten Bernd Ehrle (8VP2) und Alex Pleier als Drittem. Auch 8V-Rang vier wird von einem Kadett-Fahrer geholt, der Name dazu ist Josef Faber. Anmerkenswert ist bei den 2-Litern sicher noch das Husarenstück von Norbert Wimmer, der auf dem feucht-nassen Geläuf des ersten Wertungslaufs mit der Bestzeit glänzt. „Ich wusste wegen des beginnenden Niederschlages, dass ich die Entscheidung schnell, das heißt gleich in einer der ersten Runden, herbei führen musste. Das ist mir recht gut gelungen“ gibt der Oberbayer verschmitzt lächelnd zu Protokoll. So kann er auch verschmerzen, dass Chef-Mechaniker Gerd mit ihm grantelt (Anm. für Nicht-Bayern: grollt), weil er mit dem BMW-Ölkreislauf nicht zufrieden ist. Er befand, dass Norbert den Ölkühler nicht korrekt angeschlossen hat und dieser deshalb nicht durchströmt wird, was ihn als Folge zum kalten, wirkungslosen Ballast macht. Temperatur baute an dessen Stelle dafür Gerds Gemüt auf – er zeigte sich mittelschwer erhitzt.

Ultraknapp geht es bei den Rennern bis 3000 Kubik her. Am Ende trennen Sieger Michael Bodenmüller im Opel Kadett C 16V und den Zweitplatzierten Marcel Gapp (BMW M3 E36) ganze 0,199 Sekunden. Interessant dabei: Jeder der beiden hat einen Schokoladentag. Am Freitag gelingt dem Kadett-Piloten die Klassenbestzeit vor Michael Weber im Audi 80 Quattro. Marcel liegt auf Zwischenrang drei, benötigt für seine schnellste Runde 3,477 Sekunden mehr als Michael Bodenmüller. Am Samstag kann Marcel Gapp den Zeiten-Spieß umdrehen, brennt mit 1:35,110 die 3-Liter-Benchmark in den Asphalt, ist 49 Hundertstel hinter Martin Bürki (Porsche 911 GT3 Cup) sogar Zweitschnellster des Gesamtfeldes. An Michi Bodenmüller kommt er zwar mit dieser Top-Leistung noch knapp heran, aber in der Addition nicht mehr vorbei. Michael Weber komplettiert das Podium als Dritter.

Hervorragend besetzt präsentiert sich die Abteilung der Boliden mit mehr als 3 Liter Hubraum. Von den acht angereisten Teilnehmern starten schlussendlich sechs zu den Rennläufen. Dies deshalb, weil das mit großer Spannung erwartete Debüt des neu erworbenen Porsche 997 GT3 Cup von Thomas und André Stelberg zwar nicht ins Wasser, aber einer defekten Kupplung zum Opfer fällt. Diese rutscht dermaßen stark, das André gleich zu Beginn der Test- und Einstellfahrten aufgeben muss. Trotzdem bleibt die Marke Porsche stark vertreten, sichert sich die Plätze eins bis vier der Klasse. Florian Bodin drückt im 944 GTR turbo dem Freitagslauf seinen Stempel auf, verteidigt seinen Vorsprung am Samstag gekonnt, siegt mit 2,086 Sekunden Vorsprung vor Martin Bürki (P2/911 GT3 Cup). Rang drei sichert sich Florians Papa Stefan, der Jochen Stoll (P4/911 GT3 Cup) 0,832 Sekunden hinter sich halten kann.

Den Wettbewerb der beiden E2-Silhoutten-Renner entscheidet Hauke Weber für sich. Er bleibt in seinem TracKing RC 01 in jedem der zwei Wertungsläufe vor Ralf Kroll (P2) im Silver Car S2G Evo. Final beträgt der Abstand 4,033 Sekunden.

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Schauen wir zum Schluss noch auf die Top Ten der Gesamtwertung, gebildet aus der Addition der jeweils in Heat eins und zwei erzielten schnellsten Runde. Klarer Gewinner ist hier Hauke Weber im TracKing RC01 mit 3:14,409. Rang zwei geht an Gaststarter Florian Bodin (Porsche 944 GTR turbo/3:16,542), Dritter ist Kadett-Pilot Michael Bodenmüller in 3:18,041. Die Jungs auf den Plätzen drei bis zehn liegen in einem 1,286 Sekunden kleinen Fenster zusammen. Das sind in aufsteigender Folge Michi Bodenmüller, Erwin Buck, Marcel Gapp, Andy Heindrichs, Ralf Kroll, Martin Bürki, Sarp Bilen und Norbert Wimmer.

Nun liegen bereits zwei Rennen zum KW Berg-Cup und NSU-Bergpokal 2021 hinter uns. Verglichen mit den „normalen“ Jahren zuvor klingt das wenig. Bezogen auf die letzte, nicht stattgefundene Saison, ist es ein Riesenfortschritt. Ein einziges weiteres Rennen würde jetzt ausreichen, um gemäß der Rahmenausschreibungen unserer Meisterschaften eine Jahresendwertung erstellen zu können. Die wird es auf jeden Fall geben, da sind wir uns absolut sicher. Es dürfen natürlich auch sehr gerne mehr Veranstaltungen sein, hoffen wir also zusammen auf einen guten Sommer und einen starken Herbst.





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